Wir sind kulturell gestimmt -
oder wie man mit einem Regentag umgeht
Ein Kinobesuch gilt unter vollwertigen Värmland- Touristen wenig - das Höhere muss her! Shopping-Erlebnisse zählen leider nicht zur Kategorie Kultur, und Straßenmusikanten sind als regenscheu bekannt. Was also tun, wenn das Wetter nicht mitspielt? Ein Museumsbesuch kommt uns gerade recht. Wollten wir nicht schon immer etwas über Schwedens graue Vorzeit wissen? die Museigatan am Klarälven hochgeschlendert und wir werden fündig!
Mir persönlich ist es nie gelungen, ein Trinkhorn bequem auf dem Tisch abzustellen
V on alter Pracht und Glaubensherrlichkeit bis zum unerbittlichen Mahlwerk ist es meist nicht weit - sie wirken auf einander wie kommunizierende Röhren, auch ein Museum kann nicht mehr als Zeugnis davon ablegen. Wieviel weiter haben wir es gebracht?
D urch das Versagen von Adel und Kirche (nennen wir es ruhig: Ausbeutung) wurde Um Mitte des 19. Jahrhunderts rund ein Drittel der värmländischen Bevölkerung zur Auswanderung nach Amerika getrieben. Die wenigen Habseligkeiten wie rechts auf dem Bild mussten in der Neuen Welt für einen Start ausreichen. Auch das gehört als wichtiger Teil värmländischer und schwedischer Geschichte zur Ausstellung.
D as Akkordeon fuhr mit auf die Reise - wie wären Einsamkeit, Not und Ungewissheit sonst zu ertragen gewesen? Noch heute liegt beim “Dragspel” der Nationalcharakter bloß - wenn, wie so oft im Sommer, amerikanische Verwandtschaft aus Iowa oder Minnesota ins Haus steht. Man muss kein Liebhaber von Volksmusik sein, um dies herauszuhören.
Wenig später setzt die Romantik ein und beschwört ausgerechnet in Värmland die gute alte Zeit - so kann´s gehen!
Fritz Lindström (1874-1962): Elden (das Feuer) aus dem Jahr 1906
Z wischen 1848 und 1930 wanderten rund 1 Million Schweden in die USA aus - also circa 20 Prozent der Gesamtbevölkerung, davon die meisten aus den Provinzen Värmland und Smaland, die stellenweise fast die Hälfte ihrer (meist ländlichen) Einwohner verloren. Zur gleichen Zeit formiert sich eine national-romantische Bewegung von Malern und Bildhauern, die sich am Rackensee in der Nähe von Arvika niederlässt und die berühmte “Rackstad-Kolonie” bildet. Fritz Lindström gehört genauso dazu, wie Gustaf Fjaestad, von dem im Värmland-Museum ein wunderschönes Winterbild hängt. Die meisten Gemälde dieser auch im Kunsthandwerk dominanten Künstlerbewegung sind allerdings in Arvika im Rackstad-Museum zu bewundern. Wer von der Kunst verlangt, dass sie die Wirklichkeit wiederspiegeln soll, unterschätzt bei weitem ihre Möglichkeiten: Große Kunst spannt den Bogen - sie schaut zurück und weit voraus, um einen winzigen Lebensmoment festzuhalten. In der schwedischen National-Romantik wird der zukünftige Verlust in der wehmütigen Darstellung des vielleicht nie vorhanden Gewesenen festgehalten. Wer die Demolierung historischer Stadtkerne und deren Umwandlung in Plattenbau-Siedlungen im Schweden der 70er Jahre miterlebt hat, weiß die vorausschauende Verlustangst der Kunst und die Beschwörung unvergänglich schöner Momente zu würdigen.
Das Värmlands Museum
Centralstation KarLstad 2. Teil
Wir können auch anders - oder die Moderne holt uns ein.
E in Museum, das auf sich hält, beweist seinen exquisiten Kunstgeschmack durch die Ausstellung ausgewählter zeitgenössischer Maler. Wir verfechten weiterhin die These, dass Kunst die Wirklichkeit nicht wiederspiegelt, sondern Möglichkeiten aufzeigt - dazu gehört auch die Kenntnis der menschlichen Natur, um die es nicht immer gut bestellt ist. Im Värmland-Museum wechseln die Exponate, und wir dürfem am Reigen des Guten, Wahren, Schrecklichen und Schönen teilnehmen.
Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-18 Uhr Mi bis 20.00 Uhr Sa-So 11-16 Uhr
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Wir verabschieden uns aus Karlstad mit einem Gang durch die Älvgatan
W em es zu anstrengend ist, die gesamte Strecke von Torsby nach Karlstad im Zug zu reisen, steigt einfach in Sunne zu - ohnehin empfehlenswert, wenn man sich von längeren Autofahrten und der Suche nach Parkplätzen entlasten will. Fahrplan: www.varmlandstrafik.se
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